25 Jahre

Akzeptanz von beiden Seiten

„Es war […] ein Schutz gegen den Schmerz, der ertragen werden musste. Wie ihre bloßen hornhäutigen Füße. Ich konnte nicht dort gehen, wo sie gingen. […] was sein muss, kann auch ausgehalten werden. Von all den Leuten dort wusste nur ich allein, dass es nicht sein musste.“   Eleonore Bowen

Vergleiche

Wie ist das so bei euch?

Seit über 25 Jahren begleite ich die Arbore auf ihrem Lebensweg. Ich habe mit ihnen auf Hochzeiten und Beerdigungen getanzt. Ich habe beobachtet, nachgefragt und diskutiert. Irgendwann haben sie angefangen, auch mich auszufragen. Die Inhalte der Fragen haben den anderen oft überrascht. Zu verschieden sind unsere Interessen ebenso wie unsere Ansichten.

Wir führten Gespräche über Ochsen und Pflüge, Melkmaschinen, Blutwurst und Moralvorstellungen. Ständig haben wir nach Worten gesucht, um zu vergleichen, um zu erklären, dass es nicht ganz das Gleiche, aber eben doch Ähnliches gibt. Ich konnte ihnen Löwen im Tierpark beschreiben und dass wir Blut nicht trinken sondern essen. Oftmals glaubten mir die Arbore auch nicht, beispielsweise wieviel Milch eine deutsche Kuh Tag für Tag gibt. Da half nur, beim nächsten Mal ein Foto einer Schwarzbunten mit ihren riesigen Euter mitzubringen.

Bamira Rufo 2013
Niro - jetzt Ege Anni, 2013

Angekommen

Das ganz normale Leben

Am meisten habe ich gelernt, wenn ich mit den Arbore gemeinsam gearbeitet habe oder es zumindest versuchte. Hirse mahlen (kläglich gescheitert), die Vögel auf dem Feld verjagen (geht so), Rinder hüten (macht am meisten Spaß) oder Essen zubereiten (kein Problem). Mit Bamira bin ich viel gelaufen. Ich war mit ihr auf dem Feld oder wir haben die Rinder der Familie gehütet. Als ich einmal völlig erschöpft in der Dämmerung dem Kral entgegenstolperte, rief ein anderer Hirte lachend herüber: „Hey Rufo, was ist denn das für ein neues weißes Kalb in deiner Herde?“ Bamira hat lauthals gelacht. Für mich bedeutete die Spöttelei ein großes Lob.

Es gab sehr bewegende Momente – wenn ich mit Bamira und der Herde singend in der Dämmerung heimgekehrt bin und alle aus dem Clan uns mit „Na’ugal?“ begrüßten. Oder wenn ich mit den Unverheirateten auf dem Dorfplatz getanzt habe und die Jungs versuchten, mich genau wie die anderen Mädchen auch mit der Rute zu erwischen. Ebenso sind mir bedrückende Begebenheiten in Erinnerung geblieben. Einmal hat Bamira mir kurzfristig die Freundschaft gekündigt und ich war eine Nacht am Boden zerstört. Freunde und Clanmitglieder sind gestorben, so wie Grazmach Gino Sura mit knapp 100 Jahren oder die beiden neugeborenen Zwillinge Balla und Ballo mit nicht einmal 4 Wochen.

Meinen Status als eine der ihren, als ege Till, empfinde ich nach wie vor als Privileg. Durch meine Integration in den Olmoke Clan habe ich den Alltag der Arbore hautnah miterlebt. Kinder wurden geboren, sind erwachsen geworden, haben geheiratet und wieder Kinder bekommen. Niro, die Jüngste aus meiner Gastfamilie, konnte bei meinem ersten Aufenthalt 1993 gerade laufen. Im Oktober 2013 bekam sie ihr erstes Kind. Sie hat ihrem Mädchen meinen Namen gegeben. Nun habe ich ein Mogo, einen Namensvetter in Arbore.

4 Seiten

Alltag und Rituale

Ansichten
Sorghum
Essen und Trinken
Niro Maedchen Frau
Vom Mädchen zur Frau
Struktur Dorf Gandarab Wege
Symbole und Strukturen

 

 

ICH BIN

Forscherin, Beobachterin, Erzählerin