Symbole und Strukturen

Klare Linien

„Das ist eben nicht dein Brauch“ haben die Arbore oft zu mir gesagt und halfen mir so über zahlreiche Peinlichkeiten hinweg. Sie sind aus tiefstem Herzen Kulturrelativisten.

Seiten

Rechts vor Links

In jedem der vier Arbore – Dörfer leben die Menschen in Clans zusammen. Wie ein Hufeisen ordnen sich die Hütten jedes Clans um den zentralen Dorfplatz an, die Hütteneingänge in die Peripherie, den Rücken zum Dorfplatz gerichtet. Alle Hüttenöffnungen eines Clans weisen in ein und dieselbe Richtung, nämlich in die, aus der er einst nach Arbore gekommen ist.

Auch wenn sich die Arbore als eine Einheit betrachten, welche die gleichen Lebensumstände, Riten und Moralkodizes miteinander verbindet, verstehen sie sich gleichzeitig als multiethnische Gesellschaft.

Rechts in dem Hufeisen steht die Hütte des Clanchiefs. Rechts bedeutet Autorität, Macht und Stärke. Diese Hierarchie – rechts vor links – ist ein Aspekt ihrer Sozialordnung. Die Ehemänner haben auf der rechten Seite ihren Platz vor der Hütte, die Ehefrauen sitzen links neben dem Hütteneingang. So werden Gäste empfangen. Drinnen wie draußen. Auch bei Feiern, wie Hochzeiten, sitzen die Männer in der Festhütte rechts, die Frauen links.

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Räume

Unter Beobachtung

Jedes Dorf der Arbore hat einen zentralen Dorfplatz, den nab. Obwohl alle Hütten mit dem Rücken zum nab stehen, ist er das Zentrum der Aufmerksamkeit. Hier finden die Tänze der Unverheirateten statt, wo sich erste Freundschaften zwischen Jungen und Mädchen anbahnen. Wenn ein Arbore etwas wichtiges mit einem anderen Clan zu besprechen hat, geht er quer über den Platz und nicht außen um das Dorf herum. Und auch jeder Erwachsene, der neu ins Dorf kommt, jeder Fremde, der hier keine Familie hat und bleiben will, muss über Wochen und Monate seine provisorische Hütte auf dem nab aufschlagen.

Jeder, der hier geht, tanzt oder wohnt wird von den Arbore beobachtet und bewertet. Es ist ein Platz der Wachsamkeit, Offenheit und Ehrlichkeit. Jeder, der sich hier aufhält, zeigt seine guten Absichten oder muss beweisen, dass er dieselben wirklich hat.

Alle Wege über den nab und auch um das Dorf herum sind genau definiert. Niemand latscht hier einfach quer durch. Es werden Pfade durch zum Teil imaginäre Tore benutzt.

Blut

Mehrdeutig wie kaum etwas anderes

Blut heißt in Arbore diik. Es ist Quelle der Stärke, machmal gar süß. Es ist nie neutral und scheint Verhältnisse eher zu trennen. Es trennt Blutsverwandte von den anderen Nachbarn, trennt Feinde von Freunden, trennt Männer von Frauen. Die Beziehung zu süßem Blut, diika makka, ist ambivalent. Es ist etwas, was begehrenswert ist. Man will es besitzen (Frauen) und man will und darf es gewaltsam fließen lassen (Tötung von definierten Feinden). Das Arbore Sprichwort „Heiraten ist wie ein Kampf“ ist Zeugnis dieser Ambivalenz.

Das Blut der Herde: Im Alltag dienen Rinder als Milch- und Blutlieferant. Um das Blut zu erhalten, wird mit einem Pfeilschuss die Halsschlagader eines starken Rindes angeritzt, das Blut in einer Schale aufgefangen, mit Milch vermischt und getrunken. Das Trinken des Blutes bringt physische Stärke und starke Emotionen bis hin zu tranceartigen Zuständen.

Das Blut der Nachbarn: Nachbarn haben süßes oder schlechtes Blut. Die Arbore sagen: das Blut der Feinde ist süß. Nachbarn mit süßem Blut sind in der Regel solche, die über keinen gemeinsamen Abstammungsmythos mit den Arbore verfügen. Sie zu töten, bringt Stärke und Fruchtbarkeit zu den Arbore.

Das Blut der Frauen: Bei Hayward (1984) wird Menstruation mit ture, schmutzige Sache, definiert. Mir wurde auch die Beschreibung eel wannit, Quelle der Frauen, gegeben. Diese Definition birgt in sich positive Merkmale wie Fruchtbarkeit und Ursprung des Lebens. Während der Menstruation gilt sexueller Kontakt als tabu.

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Tänze

Geduldete Ausschweifung

Von Disco bis Standards und Geistertanz – Tänze sind in Arbore alltäglich wie besonders. Die Choreografie ist stets vorgeschrieben. Nicht selten werden mit ihnen Tabus gebrochen und Regeln umgekehrt. Das wird gebilligt und ist Teil des Regulars oder des Rituals.

Beim nächtlichen Tanz treffen sich die Unverheirateten auf dem Dorfplatz. Durch kurze Berührungen mit den Fingerspitzen oder Haschen spielen werden offen erste  Zärtlichkeiten ausgetauscht. Es gibt Vorsänger und Vortänzer. Oft wünschen sich die Mädchen einen bestimmten Tanz von den Jungen. Das Klatschen mit den Händen und  Rasseln der Fußringe geben den Rhythmus an. 

Die Hochzeitstänze sind stark ritualisert. Die verheirateten Frauen aus dem Clan der Braut verabschieden diese. Sie kommen mit Knüppeln angerannt und drohen dem neuen Clan, ihr Kind ja gut zu behandeln. Die Tänze der beiden Clans sind ausgesprochen anzüglich sind. Die Hüften werden geschwungen und aneinander gepresst.

Die Tänze bei einer Beerdigung sind monoton und langsam, dem Anlass ebenso dem Status und Alter der Tanzenden angemessen. Die Clanmitglieder des Verstorbenen tanzen gemeinsam in einer ewigen Spirale. Sie verabschieden den Toten, der für immer aus ihrem Kreis genommen ist.

Wenn nachts die Trommeln ertönen, kommt der ayyan. Der Geist schlüpft in einige Körper und lässt die Betroffenen mit fremder Zunge sprechen. Viele fallen durch Hyperventilieren in Trance, Hitze sowie Alkohol und Koffein geben den Rest. Die Umherstehenden singen und klatschen. Der ayyan grüßt die Teilnehmer und fordert sie auf, mit ihm zu tanzen. Er brabbelt, singt und trinkt. Am nächsten Morgen hat er oder sie meist keine Stimme mehr.

4 Seiten

Alltag und Rituale

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Forscherin, Beobachterin, Erzählerin