Ein anderes Äthiopien
Wasser und Kirchen
Das Erste, was ich jemals von Äthiopien gesehen habe, war Addis Abeba. Das war 1993, kurz nach dem Referendum über die Souveränität Eritreas und somit kurz nach der Beendigung von 30 Jahren Bürgerkrieg. Die Stimmung auf den Straßen war unbeschreiblich – ausgelassen und friedvoll zugleich.
Mein nächster Halt war Arbore, rund 700 km südwestlich von Addis. Allein Landschaft und Klima im ostafrikanischen Graben waren vollkommen anders als im Hochland. Auch die Menschen – ihre Sprache, ihr Verhalten und ihre Ansichten – waren mir anfangs vollkommen fremd. Aber nach 3 Monaten hatte ich mich akklimatisiert und dachte, dass es in Äthiopien überall wie in Arbore sein muss. Ein Gott, ein Wasser, ein Lebensweg.
Das stimmt natürlich nicht. Viele Orte in Äthiopien sind reich an Wasser, verschiedene Religionen leben eng nebeneinander und Biografien können ganz unterschiedlich sein. Jedoch ist dieses Äthiopien für mich das andere, nicht das typische. Für mich ist Arbore das echte Äthiopien.
Was ist typisch äthiopisch?
Kirchen, Seen und Krokodile
Die Stadt der Vierzig Quellen liegt zwischen dem See Abaja und dem Chamosee. Wenn ich hier bin, habe ich die Hälfte eines Weges geschafft. Vom quirligen Addis kommend, genieße ich die Ruhe und Harmonie dieser Kleinstadt. Komme ich von Arbore, ist es die Vielfalt – der Landschaften, Menschen und Religionen – die mich belebt. Diese Stadt kann beides. Sie kann entschleunigen wie beschleunigen. Am besten geht das in einem kleinen Restaurant, mit dem Blick auf einen See und dabei den Geschichten von Krokodilen lauschend.
Bahir Dar
Ein Meer mit Inseln mit Kirchen….
Die Hauptstadt der Provinz Amhara liegt am Ufer des Tanasees, dem größten See Äthiopiens. Der See wirkt wie ein Meer. Auf seinen zahlreichen Inseln finden sich kleine Kirchen, denen von außen ihre Bestimmung oft nicht sofort anzusehen ist. In ihrem Inneren befinden sich unerwartet farbenfreudige Bilder. Gut und Böse kann man auf ihnen leicht unterscheiden – das Böse hat nur ein Auge.
Nilfälle
Duschen im Nebel
Mit jedem Schritt wird das Getöse lauter. Dann sehe ich den Wasserfall. Er soll jetzt nur mittelmäßig sein, weil die Regenzeit auch nur mittelmäßig war. Braun schlängelt sich der Abbai heran und das Wasser stürzt brodelnd den Fels hinab. Von wegen blauer Nil! Gemeinsam mit den anderen Besuchern schlittere ich den matschigen Abhang hinunter. Am Felsrand angekommen nutzen einige Äthiopier die herüberwehende Gischt für eine schnelle Dusche.
Lalibela
Monolithe
Im 12. Jahrhundert ließ König Lalibela im Hochland von Abessinien 11 Kirchen aus dem Fels meißeln. Damit demonstrierte er seine Verbundenheit mit dem Heiligen Land und dem Christentum. Heute vor diesen Kirchen zu stehen und zu wissen, dass sie in nur wenigen Jahrzehnten mit bloßer Muskelkraft aus dem Stein heraus geschlagen und geschabt wurden, macht sprachlos.